Maddie wurde Dienstag gegen Abend richtig hektisch. Sie wusste nicht mehr, ob sie raus in den Garten möchte oder doch lieber rein ins Haus. Dort verschanzte sie sich sofort im Hundebett im Schlafzimmer und bemutterte die Spielzeuge, die wir vom Dänemark-Urlaub mitgebracht hatten. Wann genau sie das zweite davon adoptierte, weiß ich ehrlich gesagt gar nicht. Plötzlich lag es auch im Hundebett und wurde ebenso liebevoll umsorgt. Maddie hatte also in ihrer Eröffnungsphase gleich zwei Dummy-Welpen zur Übung - wir mussten einige Male schmunzeln.
Eigentlich dachte ich, dass es nicht mehr lange dauern kann, aber es gibt da so eine Regel, die besagt, dass man sich mindestens ein Mal sicher ist, dass die Geburt nun los geht, aber genau das tut sie nicht - ganz im Gegenteil, die Hündin wird wieder völlig ruhig. So auch bei Maddie. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch war sie plötzlich völlig tiefenentspannt. Wir nutzten die Zeit um ordentlich zu schlafen und Maddie tat es uns gleich.
Am Mittwoch standen wir morgens gemütlich auf, aber Maddie hatte es eilig. Nach einer kurzen Zeit im Garten, wollte sie partout ins Haus um sich wieder in das Hundebett zu verschanzen. Dort hechelte sie dauerhaft, wurde ganz aufgeregt und nestelte. Wir hätten sie gerne zwischendurch etwas bewegt, aber sie war absolut nicht mehr vom Fleck zu bekommen. Immer wieder setzte sie sich typisch aufrecht hin und schluckte schwer. Zwischenzeitlich hatten wir einen Teil unserer Geburtsausrüstung schon in das Schlafzimmer verfrachtet, da sowieso klar war, dass Maddie die Welpen dort zur Welt bringen möchte. Felix hatte nach einer kleinen Not-OP letzte Woche eigentlich noch einen Termin beim Arzt zur Wundversorgung, aber aufgrund Maddies Verhalten rief er in der Praxis an und verschob den Termin mit den Worten "Ich kann heute nicht kommen, mein Hund bekommt jetzt seine Welpen!". Ich bin froh, einen solchen Mann an meiner Seite zu wissen.
Zuerst ging ordentlich Fruchtwasser ab und um 11:10 Uhr war es dann soweit - wir beobachteten die ersten, zaghaften Presswehen. Das Lehrbuch besagt, dass spätestens 20 Minuten nach Beginn des Pressens der erste Welpe geboren sein muss. Besonders bei Erstgebärenden habe ich das nie erlebt, hier habe ich schon Abstände von bis zu 4 Stunden von der ersten Presswehe bis zur Geburt des ersten Welpen erlebt... und noch nie einen Erstgeborenen daran verloren! Es ist ganz klar, dass er lange benötigt, immerhin ebnet er den Weg für seine Geschwisterchen.
So warteten wir geduldig und konnten gut beobachten, wie die Abstände der Wehen immer kürzer wurden und sie auch an Stärke zunahmen. Maddie legte sich ganz geschickt auf die Seite, stemmte die Hinterbeine gegen die Wand des Hundebetts und presste fleißig.
Um 13:34 Uhr, also 2 1/2 Stunden nach der ersten Presswehe, kam der erste Welpe völlig komplikationslos auf die Welt. Eine Hündin, 450g schwer und in Hinterendlage, d. h. mit dem Hinterteil zuerst. Diese Position stellt bei der Hundegeburt überhaupt kein Problem dar. Ihre Nachgeburt war dabei und ich freute mich, wie Maddie mir sofort vertraute. Ich durfte die Hündin von ihrer Fruchthülle befreien, die Nabelschnur durchtrennen und sie schon langsam trocken rubbeln, während Maddie die erste Nachgeburt ihres Lebens langsam verspeiste. Sie war etwas perplex und hielt bei jedem Geräusch der Kleinen den Kopf schief und beäugte sie belustigt. Sie kümmerte sich aber anschließend rührend, leckte sie ab und ließ sie an ihre Zitzen zum Trinken. Da das Trinken der Welpen Wehen auslöst bzw. verstärkt und der Welpe seine Erstmilch bekommen sollte, war das natürlich enorm wichtig und es freute uns sehr, dass das gleich so gut klappte. Wir machten der Hündin das Bändchen in der Farbe Lila um.
Durch den von Miss Lila nun geweiteten Geburtsweg machte sich schon bald der nächste Welpe auf den Weg und wurde um 14:20 Uhr problemlos und in Vorderendlage (Kopf zuerst) geboren. Ein Rüde mit einem guten Geburtsgewicht von 476g. Maddie, Felix und ich - wir waren schon beim 2. Welpen ein durch und durch eingespieltes Team. Ich nahm den Welpen in Empfang, öffnete die Fruchthülle, nabelte ab und brachte durch das Trockenrubbeln mit dem Handtuch etwas Schwung in den von der Geburt verkaterten Hundewelpen. Maddie kümmerte sich restlos um die Verspeisung aller Nachgeburten, das erste Trinken und Pipi machen und Felix führte Geburtsprotokoll, wog jeden Welpen um das Geburtsgewicht festhalten zu können und suchte die Bandfarbe aus.
Es folgten 2 Hündinnen, die beide ebenso komplikationslos wie ihre älteren Geschwisterchen geboren wurden. Miss Rosa kam sehr zügig nach Mr Blau um 14:39 Uhr mit einem Gewicht von 452g in Vorderendlage auf die Welt, gefolgt von Miss Gelb, die um 15:22 Uhr in Hinterendlage und mit einem Geburtsgewicht von 408g geboren wurde.
Die Geburt dauerte noch nicht lange und es waren schon 4 Welpen gesund und munter geboren - so könnte es doch weiter gehen... dachten wir uns, aber leider sollte es nicht so sein. Maddie presste nach der Geburt von Miss Gelb bald wieder, aber es kam kein Welpe zum Vorschein. Unsere Sorgen wurden größer, als auch noch Fruchtwasser abging, also die Fruchthülle des Welpen geplatzt war, und wir wussten, dass nun jede Minute zählt. Maddie aber presste erfolglos. In einem solchen Moment ist es schwer die richtige Entscheidung zu treffen. Ein Gang zum Tierarzt würde mit großer Wahrscheinlichkeit den Kaiserschnitt bedeuten. Durch den Kaiserschnitt wäre die Überlebenschance des Welpen nicht viel höher, jedoch überhaupt gegeben gewesen. Aber für Maddie wäre das eine Tortour, die wir ihr nicht zumuten möchten. Eine durch die voran geschrittene Geburt geschwächte Hündin einer solch schweren OP zu unterziehen... das wäre hochgradig lebensgefährlich und nicht selten überleben Hündinnen deshalb den Kaiserschnitt nicht. Und selbst wenn, dann hat der Kaiserschnitt noch viel mehr Konsequenzen wie z. B. das Einstellen der Milchproduktion, eine große, schlecht heilende Wunde, die genau zwischen den beiden Gesäugeleisten sitzt, usw.. So hart es klingt, aber für uns geht in einem solchen Fall unsere Mutterhündin immer vor. Ohne sie keine Welpen und ihr Wohlergehen steht uns dann doch über dem der Welpen, wovon die sicher lebenden ihre Mama und deren Milch zwingend brauchen.
Also entschieden wir abzuwarten und schweren Herzens in Kauf zu nehmen, dass der nächste Welpe die Geburt nicht überlebt. Maddie presste knapp 3 Stunden, bis ich entschied ihr mit einem beherzten (und erfahrenen!!!) Griff in der Vulva an den Beinchen des Welpen zu ziehen. Ich zog mit jeder Presswehe und trotz meiner Hilfe, war es ein wahrer Kraftakt bis der Welpe endlich geboren war. Wir hatten ja schon fest damit gerechnet, dass er tot sein wird, aber als der wunderschöne, dunkelgoldene Rüde um 18:02 Uhr in Hinterendlage geboren wurde, war es für uns alle sehr traurig, dass er tatsächlich leblos war. Ich reanimierte ihn lange, konnte ihm aber leider kein Leben mehr einhauchen. Er hatte ein sehr starkes Gewicht von 550g.
Als ich noch mit der Reanimation von unserem Engelchen beschäftigt war, lag plötzlich eine kleiner Welpe im Bettchen, noch total nass und regungslos und ich hätte ihn nicht mal gleich bemerkt, wenn Felix mich nicht ganz aufgeregt darauf hingewiesen hätte. So übernahm Felix das Reanimieren und ich kümmerte mich um unseren Neuankömmling. Als ich den Welpen in die Hand nahm, bewegte er sich zu unserer Erleichterung sofort. Eine Hündin von süßen 310g Geburtsgewicht - kein Wunder, dass sie nach ihrem großen Bruder einfach nur so durchgerutscht ist. Sie bekam von uns das Bändchen in der orangenen Farbe und wir schätzen ihre Geburtszeit auf 18:09 Uhr. Ihre Lage haben wir in Anbetracht ihrer Überraschungsgeburt nicht mitbekommen.
Nach einer kurzen Pause bekam Miss Orange eine wirklich große Schwester. Mit stolzen 504g für eine Hündin, kam Miss Rot um 18:46 Uhr in Hinterendlage auf die Welt und zum Glück quietschfidel und komplikationslos, trotz des hohen Gewichts.
Lt. Röntgenbild erwarteten wir noch einen Welpen und das Bild sollte recht behalten, Maddie presste ein weiteres Mal. Leider aber verlief die Geburt des letzten Welpen ähnlich wie die unseres Engelchens. Maddie presste erfolglos und wieder ging Fruchtwasser ab und die Zeit tickte... leider gegen den Welpen, der im Geburtskanal feststeckte. Er lag leider auch noch völlig verdreht und nicht weit genug draußen, als dass ich ihn zu fassen bekommen hätte. Ich konnte nur sein kleines Schwänzchen spüren und merkwürdiger Weise keine Beinchen, die rechts und links vom Schwanz sein sollten und an denen man mit jeder Presswehe beherzt ziehen kann, ohne den Welpen zu verletzen. Nach bald 3 Stunden, in denen sich der Welpe keinen Millimeter nach draußen bewegte und Maddie immer erschöpfter wurde, kam bei mir langsam Verzweiflung auf. Da fasste sich Felix ein Herz und übernahm meine Rolle in der Geburtshilfe - aus einem ganz einfachen und plausiblen Grund: er hat längere Finger als ich! Tatsächlich bekam Felix den Welpen zu fassen, konnte die völlig verdrehten und verkeilten Beinchen in die richtige Stellung bringen und half mit jeder weiteren Presswehe dem kleinen Welpen nach draußen.
Dort angekommen, begann ich sofort mit der Reanimation, denn wie schon erwartet, steckte keine Regung mehr in ihm. Leider konnte ich auch ihm nicht mehr helfen und musste schweren Herzens die Wiederbelebungsversuche aufgeben. Er war ein hübscher Rüde, cremefarben und mit einem wahnsinnigen Geburtsgewicht (für eine Hündin von Maddies Statur!) von 574g! Traurig legten wir ihn zu seinem Bruder - nun wurde auch aus dem letzten Welpen ein kleines Engelchen.
Nach der Geburt zogen wir die ganze Hundefamilie in die Wurfkiste um. Da die zwei Engelchen und unsere kleine Miss Orange ohne Nachgeburten zur Welt kamen, wachte ich noch die ganze Nacht und den Morgen an Maddies Seite. 2 Nachgeburten kamen zum Vorschein, die 3. fehlt vermutlich noch, aber sie wird hoffentlich mit den Nachwehen in nächster Zeit abgehen. Wir kontrollieren eng Maddies Körpertemperatur und beobachten genau.
Wir trauern zwar um 2 Engelchen, aber wir sind wahnsinnig stolz auf 6 wunderschöne und gesunde Welpen. Unsagbar stolz bin ich auch auf Felix - die Geburt unserer A-chen war seine erste Hundegeburt und seiner mutigen Hilfe ist es zu verdanken, dass aus dem Feststecken des letzten Engelchen nicht doch noch ein Kaiserschnitt wurde. Egal was gebraucht wurde oder was getan werden musste - er war sofort zur Stelle und unterstützte jederzeit tatkräftig! Und natürlich sind wir stolz auf die wunderbaren Hundeeltern. Ghino, der mir meinen großen Traum erfüllt und Maddie, vor der ich allen Respekt habe, dass sie diese schwere Geburt so tapfer durchgestanden hat. Nur mit einer solchen Bindung wie wir sie zu Maddie haben, ist es überhaupt möglich, sie auf diese Weise während der Geburt unterstützen zu dürfen.
Vielen lieben Dank an Alle die mit uns gefiebert haben und einen ganz besonderen Dank gilt meiner lieben Freundin Desy von den BurningStar Australian Shepherds. Früher war es ich, die sie während der Hundegeburt beruhigt und gecoacht hat und heute ist es genau umgekehrt. Nach meiner Zuchtpause habe ich ihre Unterstützung bei dieser Geburt wirklich gebraucht. Vielen, vielen Dank!