Mit HD bzw. Hüftgelenksdysplasie sind sämtliche Fehlentwicklungen des Hüftgelenks beim Hund gemeint. Betroffen sind alle Hunderassen, aber besonders großwüchsige Rassen weisen vermehrt HD auf. Bei der HD handelt es sich um ein multifaktorielles Geschehen, d. h. die HD ist von vielen Faktoren abhängig. Es steht fest, dass die Hüftgelenksdysplasie genetische sowie umweltbedingte Ursachen (Aufzucht, Bewegung bzw. körperliche Belastung, Ernährung) haben kann, aber leider nicht welche Faktoren nun wirklich ausschlaggebend sind, noch wie sich die HD genau vererbt. Dies macht es auch so schwierig, die HD in der Rassehundezucht zu minimieren.
Für uns sind folgende Faktoren für die Vorbeugung bzw. Minimierung von HD von Bedeutung:
Die Röntgenuntersuchung der Elterntiere
Wie auch vom Zuchtverband vorgeschrieben, werden die Elterntiere auf HD geröntgt. Dies geschieht in einem Alter von mindestens 18 Monaten um zum Zeitpunkt der Untersuchung gewährleisten zu können, dass die Hüfte auch vollständig entwickelt ist. Besonders große Rassen, wie der Golden Retriever, brauchen lange für die körperliche Entwicklung und hier halten wir die oft gängige Methode, die Hunde schon vor dem 18. Lebensmonat -womöglich schon mit 12 Monaten- zu untersuchen für zu früh. Bei dieser Untersuchung ist eine Vollnarkose für eine aussagekräftige Röntgenaufnahme zwingend notwendig. Für die Aufnahme, werden die Hunde gerade auf den Rücken gelegt, während die Hinterläufe gestreckt und etwas eingedreht werden. Nur logisch, dass ein Hund bei vollem Bewusstsein diese Haltung nicht ohne Verwacklung aufrecht halten kann. Zudem können Sehnen und Bänder die nicht erschlafft sind ein stabiles Hüftgelenk vortäuschen, das aber in Narkose bzw. unter Erschlaffung doch Instabilität zeigt.
Nach Anfertigen der Röntgenbilder hat der Züchter nun 2 Möglichkeiten. Entweder er lässt die Bilder von seinem Tierarzt (der natürlich auch entsprechende Zulassungen vorweisen muss) auswerten und in einen HD-Grad einteilen oder er sendet die Bilder zur Auswertung an einen GRSK-Gutachter (GRSK = Gesellschaft für Röntgendiagnostik). Wir sind darin übergegangen, beides zu tun.
Hier muss unbedingt beachtet werden, dass das Ergebnis des Gutachtens von der persönlichen Einschätzung und Erfahrung des Gutachters abhängt. So lässt sich auch erklären, weshalb verschiedene Gutachter unterschiedliche Ergebnisse bei der Begutachtung des selben Röntgenbilds liefern.
Trotzdem sind die Röntgenaufnahmen für die Einschätzung der HD zwingend notwendig. Die Abweichungen in den Ergebnissen der verschiedenen Auswertungen waren nie extrem gravierend und trotzdem liefert diese Untersuchung zumindest einen Anhaltspunkt, wenn auch kein exaktes Ergebnis. Bei einer Erkrankung wie HD gilt, dass Vorsicht besser ist als Nachsicht. Natürlich geht der eine oder andere für die Zucht wertvolle Hund erst gar nicht in die Zucht, obwohl die Veränderungen an der Hüfte den Umwelteinflüssen geschuldet und nicht genetisch bedingt sind. Bedeutet, dass er mit ziemlicher Sicherheit gesunde Hüften vererbt hätte - aber so lange man das nicht klar voneinander unterscheiden kann, muss man entsprechende Entscheidungen zum Wohle der Rasse treffen. Bei der HD handelt es sich nicht um einen kleinen Makel oder einen Schönheitsfehler, sie ist eine ernst zu nehmende Krankheit, die womöglich zur Folge hat, dass der Hund schon in jungen Jahren unter erheblichen Schmerzen und Bewegungseinschränkungen leidet und kein hohes Alter erreichen kann.
HD wird in folgende Grade eingeteilt:
A |
HD-frei | In jeder Hinsicht unauffällige Gelenke, Norberg-Winkel 105° oder mehr. |
B | HD-Grenzfall | Schenkelkopf oder Pfannendach sind leicht ungleichmäßig und der Norberg-Winkel beträgt 105° oder mehr oder Norberg-Winkel kleiner als 105° aber gleichförmiger Schenkelkopf und Pfannendach. |
C | leichte HD | Oberschenkelkopf und Gelenkpfanne sind ungleichmäßig, Norberg-Winkel 100° oder kleiner, evtl. leichte arthrotische Veränderungen. |
D | mittlere HD | Oberschenkelkopf und Gelenkpfanne sind deutlich ungleichmäßig mit Teilverrenkungen, Norberg-Winkel größer als 90°, es kommt zu arthrotischen Veränderungen und/oder Veränderungen des Pfannenrandes. |
E | schwere HD | Auffällige Veränderungen an den Hüftgelenken (bspw. Teilverrenkungen), Norberg-Winkel unter 90°, der Pfannenrand ist deutlich abgeflacht, es kommt zu verschiedenen arthrotischen Veränderungen. |
(Bei manchen Gutachtern werden die einzelnen Grade noch in A1/A2, B1/B2, usw. unterteilt.)
Ermittlung der Hüftqualität durch Dr. Beuing
Hierbei wird durch ein spezielles, technisches Messverfahren die funktionelle Qualität des Gelenks ermittelt. Da im Gegensatz zur herkömmlichen Begutachtung einer Hüfte hierbei sämtliche Schäden durch Umwelteinflüsse und evtl. vergangener Erkrankungen (z. B. Entzündungen) nicht miteinbezogen werden, ist die Aussagekraft des HQ-Werts in Bezug auf die Erblichkeit mit 60% beachtlich höher als die des gewöhnlichen Gutachtens, die hier bei 27% liegt. Wenn man dieses Verfahren mit der herkömmlichen HD-Begutachtung vergleicht, wird deutlich, dass eine gute Hüftform durch äußere Einflüsse und Entzündungen trotzdem zu einer schlechten Bewertung führen sowie auch andererseits eine Hüfte mit keinen Schäden durch Umwelteinflüsse auch eine schlechte Hüftform aufweisen kann.
Ab einer Hüftqualität von 0,94 spricht man von einer von einer HD-freien Hüfte, die zu 94% der Idealvorstellung des Hüftgelenks entspricht. Werte über 1,0, also 100%, sprechen sogar für Hüftgelenke, die die Idealvorstellung übertreffen.
Mehr Informationen zum HQ-Wert gibt es unter folgendem Link:
https://www.tg-tierzucht.de/hzucht/publikation/hqcbp.pdf
HQ-Wert
1,03 - ...
1,01 - 1,02
0,99 - 1,00
0,97 - 0,98
0,95 - 0,96
0,94
0,93
0,91 - 0,92
0,89 - 0,90
0,87 - 0,88
0,85 - 0,86
<0,85
HD-Grad
A1++
A1+
A1
A
A2
B1
B2
C1
C2
D1
D2
E
HD A1/A1 - HQ 1,01
HD B1/B1 - HQ 0,94
HD B2/B2 - HQ 0,95
Die passende Verpaarung hinsichtlich der HD-Ergebnisse sowie Selektion auf klinisch gesunde Tiere
Bei uns gehen Hunde bis zu einem HD-Grad von B bzw. B2 in die Zucht. Bis zu diesem Grad wurden keine Anzeichen einer HD festgestellt. Zur Sicherheit werden Elterntiere, die eine B-Hüfte haben, nur mit einem Partner verpaart, bei diesem eine A-Hüfte ausgewertet wurde. Alle Ergebnisse ab HD C sorgen bei uns für den absoluten Zuchtausschluss.
Die richtige Ernährung
"Du bist was du isst" gilt auch beim Hund. Für eine gesunde Entwicklung des gesamten Organismus ist eine artgerechte Ernährung zwingend notwendig. Deshalb füttern wir all unsere Hunde mit Frischfleisch nach dem Prey-Prinzip oder auch "Beutetier-Prinzip" genannt. Schon im Mutterleib spielt die Ernährung der Mutterhündin eine oft viel zu unterschätzte Rolle. Mit frischem Fleisch und in der Zusammensetzung genau auf die Bedürfnisse einer tragenden Hündin abgestimmt, schaffen wir von Anfang an optimale Bedingungen für einen gesunden Organismus der Welpen.
Ausführliche Informationen zur artgerechten Ernährung des Hundes finden Sie HIER.
Die sorgfältige Aufzucht der Welpen bei Uns
Natürlich werden auch unsere Welpen von Anfang an artgerecht mit Frischfleisch ernährt. Zudem achten wir auf die richtigen Bodenuntergründe in den Welpenausläufen. Studien haben bewiesen, dass sich glatte Böden und das damit verbundene Rutschen bzw. dagegen anhalten nachweislich negativ auf die Hüftentwicklung der Welpen auswirkt. Selbstverständlich werden deshalb glatte Böden in der Aufzucht -außer zu kurzen Übungszwecken- vermieden. Spielen und Toben ist erlaubt, die kleinen Knochen der Welpen halten sogar Einiges aus, da sie im jungen Welpenalter noch weich und gar nicht richtig miteinander verbunden sind.
Die richtige Bewegung/Belastung für den jungen Hund
Selbstverständlich ist auch die weitere Aufzucht des Welpen in seiner neuen Familie nach den 8 Lebenswochen beim Züchter ausschlaggebend für eine gesunde Entwicklung der Hüfte. Es zeigt sich immer wieder, dass Hunde, insbesondere junge Hunde, bei ihren neuen Familien zu viel und falsch bewegt werden. Kaum jemand bedenkt, dass z. B. Wölfe bis zum 9. Lebensmonat kaum und nicht weit das Nest verlassen und auch ausgewachsene Tiere den Großteil des Tages ruhen. Ebenso nachteilig sind Ballspiele, Sportarten wie Agility, Flyball, etc. im jungen Alter sowie ständiges Hochhüpfen lassen, z. B. um den hochgehaltenen Stock zu fangen. Dem Alter angemessene, kurze Spaziergänge sowie kontrolliertes Spielen ist ratsam und auch Treppensteigen ist völlig in Ordnung, voraus gesetzt, der Hund läuft die Treppen sicher ohne Stolpern und Ausrutschen.
Mehr zur richtigen Belastung und Bewegung eines Hundes finden Sie HIER.
Robuste Elterntiere und Ehrlichkeit
Heutzutage gibt es wahre Wundermittel, wenn es um Futterzusätze für die Gelenkgesundheit des Hundes geht. Zum Glück, denn immerhin möchten wir unseren Hunden bestmöglichst helfen können, wenn sie Probleme mit den Gelenken bekommen. Leider aber werden diese Futterzusätze schon oft von klein auf gefüttert um sich anbahnende Probleme im Keim zu ersticken oder zu verzögern. Es spricht nichts dagegen, die gesunde Entwicklung der Gelenke oder deren Erhalt zu unterstützen, jedoch sehe ich hier einen klaren Unterschied zwischen der Aufzucht eines Familienhundes und der Aufzucht eines zukünftigen Zuchthundes.
Wenn ein Hund sich ohne Futterzusätze und ohne wie ein rohes Ei behandelt zu werden nicht gesund entwickeln kann, dann hat dieser Hund sicher nicht die Voraussetzungen die für die Zucht von gesunden, robusten Rassehunden nötig sind. Durch Futterzusätze und unnatürlicher Übervorsicht gelingt es sicherlich das Gutachten positiv zu beeinflussen - aber was ist nach dem Termin zur Röntgenuntersuchung? Wenn der Hund unter natürlichen Gegebenheiten ohne Manipulation nicht in der Lage war ein gesundes Gelenk zu entwickeln, dann werden es mit einer hohen Wahrscheinlichkeit seine Welpen es auch nicht sein.
Die Verantwortung eines Züchters fängt bei der ehrlichen Aufzucht des Welpen an und geht auch nach dem erfolgten HD-Gutachten weiter. Ein Hund der völlig unabhängig von den Ergebnissen der Gutachten in jungen Jahren vererbbare Probleme mit dem Bewegungsapparat zeigt, sollte aus der Zucht genommen bzw. gar nicht erst in die Zucht genommen werden. Ein Deckrüde der zwar ein schönes Gutachten im Alter von 12 Monaten mit HD A1 hat, es aber mit 5 Jahren dank starker Arthrosen kaum mehr auf den Hintern einer Hündin schafft, ist alles andere als ein guter Deckpartner in der Hoffnung auf Welpen, die bis in das hohe Alter gesund bleiben.
Deshalb: Wir ziehen unsere Zuchthunde mit natürlicher Ernährung in Form von Frischfleisch groß und benutzen absolut keine Futterzusätze. Wir achten zwar auf eine artgerecht angemessene Belastung und versuchen Überbelastungen zu vermeiden, aber wir packen unsere Hunde nicht in Watte. Sie dürfen übermütig werden, sich ausprobieren, dabei auf die Nase fallen, im Spiel auch mal umgerannt werden, sich in Gräben am Feldrand stürzen, Treppenlaufen, sich mal beim Schwimmen zu sehr verausgaben, usw.. Wenn dann beim Gutachten der Zuchtausschluss folgt - dann soll es nicht sein, dann ist der Hund für unser Zuchtziel nicht robust genug.
Fazit
Wie schon mehrmals auf dieser Website erwähnt, achten wir auf das "Große Ganze". Das bedeutet auch in Hinblick auf die Hüftgelenksdysplasie, dass wir das Gutachten des unabhängigen Tierarztes, des GRSK-Gutachters sowie den ermittelten HQ-Werts durch Herrn Beuing zur Rate ziehen um uns ein bestmöglichstes Bild von der Hüfte unserer Zuchthunde zu machen und uns nicht stur auf eine Auswertung verlassen, wenn doch bekannt ist, dass verschiedene Untersuchungen und Auswertungen auch unterschiedliche Ergebnisse liefern. Und jedes noch so gute Gutachten ist nutzlos, wenn der Hund schon in jungen Jahren Probleme mit dem Bewegungsapparat zeigt. Sollte nicht eindeutig nachzuvollziehen sein, dass die Probleme nicht erblich bedingt sind bzw. vererbt werden können, nehmen wir einen solchen Hund keinesfalls in die Zucht bzw. sofort aus der Zucht.