Für den Golden Retriever stehen mehrere Gentests zur Verfügung. Da Gentests, durchgeführt von seriösen Laboren wie z. B. Laboklin, Antagene und Certagen, absolut sichere Ergebnisse liefern, sollten sie -wenn auch nicht von den Zuchtverbänden vorgeschrieben- unbedingt durchgeführt werden. Im Gegensatz zu den klinischen Untersuchungen, bei denen man nur den aktuellen Stand einer rassetypischen Erbkrankheit untersuchen kann und nicht die weitere Entwicklung, zeigt der Gentest ob der Hund überhaupt die Veranlagung zur Ausbildung der Krankheit in seinen Genen trägt. Trägt der Hund also das kranke Gen für den Ausbruch einer Erkrankung nicht in sich, wird er auch nicht erkranken.
Folgende Gentests sind beim Golden Retriever sinnvoll und werden auch von uns durchgeführt:
Progressive Retinaatrhophie (prcd-PRA)
Progressive Retinaatrhophie (GR-PRA1)
Progressive Retinaatrhophie (GR-PRA2)
3 Formen der PRA (erklärt auf der Seite der klinischen Augenuntersuchung), die durch diese Gentests untersucht werden können.
Muskeldystrophie (GRMD)
Die Golden Retriever Muskeldystrophie (GRMD) entspricht der Duchenne Muskel Dystrophie beim Menschen. Es ist eine X-chromosomal vererbte, degenerative Muskelerkrankung. Betroffene Tiere zeigen Veränderungen bei bestimmten Laborwerten (z. B. Kreatinkinase), Muskelschwund und Krämpfe. Sie leiden an einem Abbau der Muskelfasern und einer krankhaften Vermehrung des Bindegewebes (Fibrose), sowie Schädigungen des Herzmuskels (Kardiomyopathie).
Degenerative Myelopathie (DM)
Die Degenerative Myelopathie (DM) ist eine langsam verlaufende neurologische Erkrankung, die zumeist erst bei älteren Hunden diagnostiziert wird. Symptome entwickeln sich auf Grund einer
langsamen Degeneration des Rückenmarks, wodurch sich zunehmend unkoordinierte Bewegungen bis hin zu Lähmungen einstellen. Ursache ist eine Mutation im SOD1-Gen. Das Auftreten der Krankheit ist
variabel, sie entwickelt sich meist zwischen dem 5. bis 8. Lebensjahr.
Neuronale Ceroid Lipofuszinose (NCL)
Neuronale Ceroid Lipofuszinose (NCL) ist der Oberbegriff für neurodegenerative Erkrankungen, die auf einer übermäßigen Anhäufung von Lipopigmenten (Lipofuszin) im Gewebe beruhen. Es handelt sich dabei um wachsartige Abfallprodukte des Zellstoffwechsels, die in Haut, Muskeln, Nervenzellen, der Netzhaut und vielen anderen Geweben abgelagert werden. Die Schädigung der Netzhaut kann zur Erblindung führen, während durch die Einlagerung der Ceroid-Lipofuszine in Nervenzellen deren Funktion beeinträchtigt wird und es zu einer fortschreitenden Degeneration des Nervensystems kommt. Die Erkrankung schreitet langsam fort und führt zu Störungen bei der Bewegung des Hundes. Im Endstadium ist es dem Hund nicht mehr möglich, sich zu bewegen.
Osteogenesis imperfecta
Osteogenesis Imperfecta wird durch Mutationen in Genen verursacht, die für die Synthese des Kollagens verantwortlich sind, das im Knochen gewissermaßen als Stützskelett dient. Störungen der Kollagensynthese führen zu verschiedenen Knochenanomalien einschließlich einer spröden Knochenstruktur.
Dystrophische Epidermolysis Bullosa (RDEB)
Die dystrophe Epidermolysis Bullosa wird durch die Bildung von blasenartigen Abhebungen in der Basalmembran gekennzeichnet. Klinische Symptome sind Hautfehlbildungen, die zu Blasenbildung führen. Wunden und Blasen können in allen Körperregionen auftreten.
Bis auf die Muskeldystrophie (GRMD), die sich x-chromosomal vererbt, vererben sich die aufgelisteten Erbkrankheiten autosomal rezessiv. Das Tier kann entweder frei, Träger des Gens oder betroffen sein.
Genotyp N/N (Frei)
Der untersuchte Hund ist reinerbig für das intakte Gen. Er ist kein Träger des Gens für die Krankheit. Das Tier ist gesund und wird die von der Mutation ausgelösten Symptome nicht ausprägen. An die Nachkommen wird nur das intakte Gen weitergegeben.
Genotyp N/Krankheit (Träger)
Der untersuchte Hund ist mischerbiger (heterozygoter) Träger des Gens für die Krankheit. Heterozygote Träger geben das betroffene Allel mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% an ihre Nachkommen weiter. Sie erkranken aufgrund des autosomal-rezessiven Erbgangs selbst nicht an der Krankheit.
Genotyp Krankheit/Krankheit (Betroffen)
Der untersuchte Hund ist reinerbig (homozygot) für das defekte Gen. Das Tier kann die Symptome der Krankheit ausprägen. Die Anlage für die Krankheit wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 100% an die Nachkommen weitergegeben.
Autosomal-rezessive Vererbung:
Ichthyose
Ichthyose bezeichnet eine ganze Gruppe von Hautkrankheiten, die durch eine nichtentzündliche Verhornung der Haut, auch Fischschuppenkrankheit genannt, gekennzeichnet sind. Sie gehört zu den
wichtigsten Merkmalen der Ichtyose, einem Sammelbegriff für Verhornungsstörungen. Dieser Test weist nur eine der ursächlichen Mutationen nach. Ist ein Hund davon nicht betroffen, kann er aufgrund
(möglicherweise noch unbekannter) anderer Mutationen dennoch Hautveränderungen entwickeln. Zudem entwickeln nur die wenigsten als betroffen getestete Hunde wirklich Symptome, die durch eine
Veränderung der Umwelteinflüsse, insbesondere der Ernährung, meist bis zur Symptomlosigkeit in den Griff zu bekommen sind.
Meine persönliche Ansicht bzgl. Ichthyose:
Bis zum Jahr 2014 war die Ichthyose kein Thema in der Golden Retriever Zucht. Plötzlich erschien ein Gentest und die Züchter horchten auf. Da gibt es natürlich diejenigen, die das kaum interessiert, da das nur mehr Ausgaben bedeuten würde und das Risiko Hunde aus der Zucht nehmen zu müssen und da gibt es Züchter wie uns, die sich mit dieser Thematik eingehend beschäftigten. 7 Golden Retriever Würfe hatte ich bis dahin groß gezogen und damit (unwissentlich) einige Welpen erschaffen, die genetisch betroffen von Ichthyose sein müssen. Das zeigte vor allem das nachträgliche Testen der Elterntiere und deren Ergebnisse. Gleich vorab: Kein einziger davon zeigt Anzeichen dieser Erkrankung und das bis heute. Genauso verhält es sich mit den Nachkommen meiner damaligen Deckrüden in anderen Zuchten.
Im Juli 2014 gründete ich auf Facebook eine Gruppe zum Thema Ichthyose bei Golden Retrievern. Ich erhoffte mir davon Erfahrungsberichte von Menschen mit tatsächlich erkrankten Hunden, den Austausch mit anderen Züchtern und natürlich wollte ich auch informieren. Hierfür hielt man Kontakt mit den Laboren, die die Gentest anbieten und auswerten sowie mit Genetikern verschiedenster Institutionen. Die Lage war erschreckend, wenn man nur die Zahlen betrachtete: Nur 18% genetisch freie Golden Retriever gab es 2014 in Deutschland, nur 20% in ganz Europa. Eigentlich hätte man anhand dieser Ergebnisse überall schuppende Golden Retriever antreffen müssen, nur das blieb -zum Glück- bis heute aus.
Leider passierte dann das, was ich mit dieser Gruppe nie unterstützen wollte. Die Züchter spalteten sich in 2 Lager: Es gab diejenigen, die die Ichthyose einfach ignorierten oder bewusst beschlossen diese Erkrankung nicht als Kriterium für die Zuchttauglichkeit eines Hundes miteinzubeziehen. Und es gab diejenigen, die diese Züchter verteufelten und fanatisch das Ziel verfolgten, nur noch genetisch gesunde Welpen zu züchten. Ichthyose wurde so zum Thema, dass es sogar bis zu den Welpenkäufern durchdringte und deshalb in Titel von Welpen-Verkaufsanzeigen oder Deckrüdenangeboten schon mit "Ichthyose FREI!" geworben wurde. Es wurden extra Listen erstellt für Ichthyose-freie Deckrüden und Züchter die mit Ichthyose-freien Hündinnen züchten. Züchter, die sich gegen das Testen von Ichthyose entschlossen haben, wurden öffentlich ausgeschumpfen und für im höchsten Maße uneriös erklärt. Es wurde zum Hpye und ich muss leider gestehen, dass ich ihn auch eine Zeit lang mitgemacht habe. Immerhin war ich Gründerin dieser Gruppe. Heute weiß ich, dass ich schon viel früher zu meinen Gedanken stehen hätte sollen.
Bei all den Mitgliedern, die diese Gruppe in ihrer Hochphase hatte, meldeten sich erstaunlich wenige Menschen, die einen Ichthyose-betroffenen Hund mit Symptomen besitzen. Und wenn, beschränkten sich die Symptome auf das was Ichthyose ist und weshalb sie "Fischschuppenkrankheit" genannt wird: auf Schuppen. Diese sind bei der Ichthyose schwarz pigmentiert und dadurch leichter zu sehen (besonders bei cremefarbenen Golden Retrievern) als weiße Hautschuppen. Es wurde immer wieder diskutiert, ob man bei Ichthyose überhaupt von einer "Krankheit" sprechen kann. Eigentümer von betroffenen Hunden mit Symptomen, sprechen von keinerlei Auswirkungen auf das Wohlbefinden des Hundes, eher von einem Schönheitsmakel. Natürlich sollten die Schuppen regelmäßig aus dem Fell gekämmt werden, aber die regelmäßige Fellpflege sollte meiner Meinung nach sowieso selbstverständlich sein. Des Weiteren zeigte sich, dass eine ausgeprägte Ichthyose mit einer Ernährungsumstellung auf hochwertiges Futter, besser Frischfleisch, so gut in den Griff zu bekommen ist, dass die Hunde keinlerlei Symptome mehr zeigen.
Welchen Entschluss haben wir also gefasst in Bezug auf den Umgang mit Ichthyose in unserer Golden Retriever Zucht?
Wir testen unsere Hunde auf Ichthyose und veröffentlichen die Ergebnisse natürlich auch, denn ich habe hier nichts zu verheimlichen. Wir beobachten die Ichthyose weiterhin. Meine Facebook-Gruppe gibt es selbstverständlich noch und auch Gruppen von anderen Züchtern aus anderen Ländern dienen als Informationsquelle. Wir planen unsere Verpaarungen aber nicht nach den Ichthyoseergebnissen der Elterntiere und werben somit auch nicht mit Ichthyose-freien Hunden bzw. Welpen.
Zunächst ist -wie schon in der Beschreibung der Labore bzgl. Ichthyose geschrieben- der Test nicht 100% aussagekräftig, da es sich hier nur um eine Mutation des Gens handelt, das man testet und es noch andere Mutationen gibt, die Ichthyose auslösen können. Des Weiteren besteht der dringende Verdacht, dass das Gen, das beim Gentest getestet wird, nicht alleine für den Ausbruch der Erkrankung verantwortlich ist. Es muss ein Zusammenspiel von mehreren Kriterien sein, damit es überhaupt zur Schuppenbildung kommt. Deshalb sind wohl auch die meisten als betroffen getesteten Hunde völlig symptomlos. Sollte es zum Ausbruch kommen, ist Ichthyose keine Erkrankung wie HD, ED, PRA oder Ähnliches, sondern mehr ein Schönheitsmakel, der auch noch mit einer entsprechenden Ernährungsumstellung in den Griff zu bekommen ist.
Und der wichtigste Grund von allen: Bei nur 18% genetisch freien Golden Retrievern in Deutschland ist die Selektion auf nur noch gesunde Tiere mit einer wahnsinnigen Verengung des Genpools verbunden. Dass der Golden Retriever trotz seinem Status als "Modehund" noch eine relativ gesunde und alt werdende Rasse ist, liegt defintiv daran, dass der Genpool aus dem wir Züchter schöpfen können so groß ist. Das fanatische Selektieren auf Verpaarungen, bei denen nur noch gesunde Welpen fallen werden, hat Auswirkungen auf die gesamte Gesundheit der Rasse. Man darf hier nicht vergessen, dass bei einem seriösen Züchter schon auf Erkrankungen wie HD, ED, OCD, Patellaluxation, Augenerkrankungen, etc. selektiert wird und nicht zuletzt auch auf ein einwandfreies Wesen und eine rassetypische Optik. Bei Erkrankungen, die nicht in einem solchen Außmaß wie Ichthyose verbreitet sind und die für den Hund auch wirklich körperliches Leiden bedeuten, ist diese Selektion sinnvoll und auch umsetzbar ohne der Rasse zu sehr zu schaden. Aber sollte nur die Chance auf Welpen, die Schuppen bilden könnten, es rechtfertigen, dass wir unseren Genpool so sehr schmälern und durch den fanatischen Fokus auf Ichthyose versehentlich andere Krankheiten, wie z. B. den erblichen Krebs herauszüchten, den man dann nicht mal testen kann? Wir sagen ganz klar: Nein!