Klinische Augenuntersuchung


Wie viele andere Hunderassen, neigen auch Golden Retriever zu Augenkrankheiten, wie z. B. zu PRA. Da leider noch nicht für alle Erkrankungen der Augen Gentests zur Verfügung stehen, ist die klinische Augenuntersuchung unbedingt vor dem Zuchteinsatz des Hundes durchzuführen. Ab einem Alter von 12 Monaten und in regelmäßigen Abständen, sollten die Augen von einem Augenspezialisten des DOK untersucht werden. Der DOK ist die "Gesellschaft für Diagnostik genetisch bedingter Augenerkrankungen". Die Tierärzte, die dem Dortmunder Kreis angehören, sind also speziell in diesem Bereich ausgebildet und besitzen neben der nötigen Erfahrung auch die Gerätschaften, die das entsprechende Untersuchen der Augen möglich machen. Die Augenuntersuchung durch einen gewöhnlichen Tierarzt liefert keine aussagekräftigen Untersuchungsergebnisse für die Zuchttauglichkeit!

 

Wir lassen unsere Hunde beim Gründungs- und Präsidiumsmitglied des DOK, Dr. med. vet. Wolfgang Sinzinger in Stuttgart untersuchen. Hier fühlen wir uns bestens aufgehoben und können uns bzgl. der Verlässlichkeit der Untersuchungsergebnisse sicher sein. Auch unsere Haustierärztin Frau Dr. Angelika Meißner ist Mitglied im DOK und damit spezialisierte Augentierärtzin.

 

Folgende Augenerkrankungen werden im Rahmen der DOK-Untersuchung kontrolliert:

 

Membrana Pupillaris Persistens (MPP)

Angeborene, fehlende Rückbildung embryonaler Gefäßstrukturen im Bereich der Pupillenöffnung. Evtl. mit Trübung der Linse u./od. Hornhaut, welche das Sehvermögen negativ beeinflussen kann.

 

Persistierende hyperpl. Tunica vasculosa lentis/primärer Glaskörper (PHTVL/PHPV)

Persistierender hypoplastischer primärer Glaskörper (PHPV) = Der von der Embryonalentwicklung übrig gebliebene, nicht zurückgebildete und daher übermäßig ausgebildete, primäre Glaskörper.

Persistierende hyperplastische Tunica vasculosa = Das zur Linsenentwicklung notwendige Blutgefäßgeflecht, das sich an der Hinterfläche der Linse befindet und sich fehlerhaft oder gar nicht zurückbildet.

 

Katarakt (kongenital und nicht kon-genital = erblich und nicht erblich)

Jede unphysiologische Trübung der Linse oder der Linsenkapsel unabhängig von der Ursache (erblich oder nicht erblich), dem Ausmaß (minimale Trübung oder vollständig getrübte Linse), oder dem Zeitpunkt des Auftretens (angeboren oder erworben). Jeder Katarakt, ob ein oder beidseitig, wird als erblich (HC = Hereditäre Cataract) bedingt angesehen, sofern sich nicht eindeutige Hinweise auf eine andere Ursache (Verletzungen, Stoffwechselstörungen z.B. Diabetes mellitus, Entzündungen, MPP) ergeben.

 

Retinadysplasie (RD)

Angeborene Fehlentwicklung der Netzhaut. Je nach Schweregrad in Form von Falten u. Rossetten (leichte, fokale Formen), bzw. Netzhautablösungen. Schwere Dysplasieformen können Retina-degenerationen nach sich ziehen. Das Sehvermögen ist hier vom Schweregrad abhängig, welches kaum beeinträchtigt sein, aber auch bis hin zur völligen Erblindung führen kann.

 

Hypoplasie

Unterentwicklung von Organen oder Organteilen. Bei der Hypoplasie der Sehnerven ist der Sehnervenkopf unterentwickelt, wobei die Anzahl der Nervenzellen in der Netzhaut und in den Sehnerven zu klein ist. Erkrankte Tiere sehen sehr schlecht oder sind blind.

 

Mikropapille

Angeborener, zu klein ausgebildeter Sehnervenkopf aufgrund mangelhafter Myelinisierung. Hier sind jedoch die Anzahl der Nervenzellen und Nervenfasern normal. Die Tiere haben ein normales Sehvermögen. 

 

Collie Augenanomalie (CEA)

Oberbegriff für eine Gruppe von angeborenen, rezessiv vererbten Entwicklungsstörungen des Augenhintergrundes im Laufe der Embryonalentwicklung. Die Beeinträchtigung des Sehvermögens variiert mit dem Schweregrad der Veränderungen. Die Erkrankung schreitet im weiteren Leben i.d.R. nicht fort. D. h. die Erkrankung ist schon beim Welpen vorhanden. Es kommt zu Störungen in der Entwicklung der Blutgefäße, die zu Blutungen ins Auge führen können. Ebenfalls können Kolobome der Ader- und Netzhaut auftreten. Auch eine Netzhautablösung ist möglich. Je nach Schweregrad kann also die Sehkraft nicht beeinträchtigt sein, schwerere Fälle können jedoch eine verminderte Sehrkraft bis hin zur völligen Erblindung bedeuten.

 

Entropium/Trichiasis

Beim Entropium handelt es sich um eine teilweise oder vollständige Einwärtsdrehung des Lidrandes in Richtung Hornhaut. Meist ist das untere Augenlid betroffen. Die Fellhaare erhalten Kontakt zur Hornhaut  (Trichiasis) und es kommt zunächst zu Irritationen. Die Hunde blinzeln oder kneifen das Auge zu. In weiterer Folge entsteht eine chronische Entzündung.

Trichiasis sind Körperhaare, die in normaler Position entspringen und durch Richtungsänderung (z.B. Nasenfalten, Entropium) Kontakt zu Hornhaut u./o. Bindehaut bekommen und Irritation verursachen.

 

Ektropium/Makroblepharon

Das Ektropium ist die Auswärtsdrehung des Lidrandes oft in Kombination mit einer angeborenen, zu großen Lidspalte (>40 mm), dem Markroblepharon. Dadurch, dass die Bindehaut ungeschützt und der Tränenabfluss nicht gewährleistet ist, können die Lider ihre Schutzfunktion nicht wahrnehmen. Die Folge sind gerötete Augen, chronische Bindehautentzündungen und schleimiger Ausfluß.

 

Korneadystrophie

Nichtentzündliche, oft durch Ablagerung von Lipidkristallen hervorgerufene Trübung der Hornhaut. Ein erblicher Hintergrund wird bei verschiedenen Rassen vermutet.

 

Linsenluxation (primär)

Verlagerung der Linse aus ihrer normalen Position im Auge. Die primäre Linsenluxation (PLL) gilt nach dem heutigen Stand der Wissenschaft als autosomal rezessiv vererbte Augenerkrankung. Bei den betroffenen Hunden besteht ein angeborener Defekt der Zonulafasern der Linse. Die Fasern werden in diesen Fällen nur minderwertig ausgebildet. Die Linsenluxation ist eine schwerwiegende, sehr ernst zu nehmende Erkrankung, bei der das gesamte Auge in Mitleidenschaft gezogen wird.

 

Retinadegeneration (PRA)

Progressive Retina(Netzhaut) Atrophie = eine Gruppe von erblich bedingten Netzhauterkrankungen, die durch Dysplasien (Frühformen) oder Degenerationen (Spätformen) der Sehzellen (Photorezeptoren) zur Beeinträchtigung des Sehvermögens bzw. Erblindung führen. Für die PRA stehen Gentests zur Verfügung.

 

Sonstige Auffälligkeiten

Bei der klinischen Augenuntersuchung durch einen dem DOK angehörigen Tierarzt, werden auf dem ECVO-Befundbogen auch Veränderungen festgehalten, die hier nicht aufgelistet sind.

 


 

Goniodysplasie (Kammerwinkelanomalie)

Die Goniodysplasie ist eine angeborene mangelhafte Ausbildung des Ligamentum pectinatum im sog. Kammerwinkel zwischen Irisbasis und Hornhaut. Durch zu wenige bzw. zu kleine Öffnungen ist hierbei der Kammerwasserabfluß gestört. Dies kann, muß aber nicht, irgendwann zum Primärglaukom führen.

 

Ich kenne Goniodysplasie nur vom Flat Coated Retriever und bin überrascht, dass viele Züchter ihre Golden Retriever auf Goniodysplasie untersuchen. Hier fragte ich mich, ob diese Untersuchung wirklich sinnvoll ist bzw. ob diese Erkrankung nun auch beim Golden Retriever auf dem Vormarsch sein soll oder ob die Untersuchung für manche Züchter nur dient, um sich irgendwie "von der Masse abzuheben" und/oder um sich zu profilieren.

Deshalb sprach ich bei Maddies Augenuntersuchung im Dezember 2019 mit Dr. med. vet. Wolfgang Sinzinger in Stuttgart. Ich hatte Maddie inklusive Gonioskopie zur Augenuntersuchung angemeldet, falls er mir doch dazu rät. Nach der Begrüßung fragte er mich sofort irritiert, weshalb bei einem Golden Retriever eine Gonioskopie gemacht werden soll. Ich erzählte ihm von meinen Beobachtungen, die bei ihm alles andere als Begeisterung auslösten. Veränderungen im Kammerwinkel bedeuten nämlich nicht gleich, dass diese auch Probleme nach sich ziehen werden. Eher selten ist dies der Fall und wenn, wie beim Flat Coated Retriever, dann wird der Kammerwinkel untersucht und innerhalb der Zucht auf gesunde Tiere selektiert - aber erst dann! Eine Rasse, von der er übrigens noch nicht einen Hund mit einer Erkrankung aufgrund Goniodysplasie in seiner Praxis hatte (und das will was heißen!), nun auf Veränderungen im Kammerwinkel zu selektieren, wäre einfach nur schädlich für den Genpool und damit für die Gesundheit der Rasse in anderer Hinsicht. Hier würden wertvolle Zuchthunde aus der Zucht gehen bzw. nie in die Zucht kommen, obwohl diese und ihre Nachkommen niemals Probleme aufgrund einem veränderten Kammerwinkel bekommen werden. So haben wir gemeinsam mit Herrn Dr. Sinzinger die Entscheidung getroffen die Goniodysplasie nicht zu untersuchen.